In einer Zeit, in der die Fähigkeit zur Konzentration und Fokussierung immer wichtiger wird, bieten wissenschaftlich fundierte Ansätze wertvolle Einsichten, wie diese Fähigkeiten gezielt verbessert werden können. Ob Athleten, Trainer oder Personen, die einfach ihre geistige Leistungsfähigkeit steigern möchten – die Wissenschaft hinter Aufmerksamkeitssteuerung, Atmung und neurologischen Techniken hat das Potenzial, die Leistung sowohl auf mentaler als auch auf körperlicher Ebene zu optimieren.
Steigerung der Fokussierung und Konzentration
Dieser Artikel basiert auf einer Folge des Huberman Lab Podcast mit dem Titel „ADHD: How Anyone Can Improve Their Focus“ und dem Blogartikel Foundational Fitness Protocol von Dr. Andrew Huberman. Zusätzlich zu den Erkenntnissen des Podcasts und des Artikels wird wissenschaftliche Forschung zitiert, um Athleten und Coaches praktische Werkzeuge an die Hand zu geben, die dabei helfen, die positive Wirkung von Atmung und Konzentration auf die Leistungsfähigkeit zu verstehen und zu nutzen.
Die Rolle von Atmung und neurologischen Mechanismen in der Fokussierung
Atmung ist ein entscheidender physiologischer Prozess, der mehr als nur Sauerstoffaufnahme ermöglicht. Laut Dr. Andrew Huberman spielt die Atmung eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Nervensystems und damit auch bei der Fokussierung und der Steuerung von Aufmerksamkeit. Eine der Haupttechniken, die Huberman in seiner Podcast-Folge hervorhebt, ist das sogenannte „Physiologische Seufzen“ – eine Atemtechnik, die in Stresssituationen zur schnellen Beruhigung des Nervensystems beiträgt.
Das „Physiologische Seufzen“ besteht aus zwei tiefen Einatmungen durch die Nase (!), gefolgt von einer langsamen und langen Ausatmung durch den Mund oder besser noch die Nase. Diese Atemtechnik aktiviert den Parasympathikus, den Teil des Nervensystems, der für Erholung und Entspannung verantwortlich ist. Sie kann in stressigen Momenten oder nach intensiven körperlichen und mentalen Anstrengungen verwendet werden, um den Körper zu beruhigen und die Konzentration zu fördern. Studien haben gezeigt, dass langsame und bewusste Atemübungen die Herzfrequenz senken und die Sauerstoffaufnahme verbessern, was zu einer erhöhten geistigen Klarheit und Fokussierung führt (Bernardi et al., 2001).
Atmung und Fokussierung: Ein neurologischer Ansatz
Huberman erklärt, dass die Fähigkeit zur Fokussierung eng mit der Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin zusammenhängt. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Motivation und Aufmerksamkeit spielt. Wenn Dopamin in ausreichender Menge im Gehirn vorhanden ist, wird die Aufmerksamkeit auf spezifische Ziele fokussiert und Ablenkungen werden minimiert.
Eine interessante Beobachtung aus der Episode ist, dass Menschen mit ADHS zwar Schwierigkeiten haben, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die sie langweilig finden, sie jedoch eine enorme Fähigkeit zur Hyperfokussierung entwickeln, wenn sie mit Aufgaben konfrontiert sind, die sie interessieren. Dieser Mechanismus beruht stark auf der Dopaminregulation. Wie Huberman erklärt: „Dopamin schafft einen engen Tunnel der Aufmerksamkeit, indem es das visuelle und auditive System auf eine bestimmte Aufgabe fokussiert“ (Huberman, 2022).
Auch Menschen ohne ADHS können von diesen Erkenntnissen profitieren. Durch gezielte Atemübungen und Techniken zur Dopaminfreisetzung, wie etwa durch Bewegung oder Kaltwassertherapie, können Athleten ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern und die Effizienz ihrer Trainingseinheiten steigern.
Atmungstechniken zur Verbesserung der Leistung
Die richtige Atmung kann nicht nur die Konzentration verbessern, sondern auch die körperliche Leistungsfähigkeit steigern. Athleten sollten während intensiver körperlicher Anstrengungen auf die Nasenatmung achten, da diese die Sauerstoffversorgung des Körpers optimiert und gleichzeitig das Herz-Kreislauf-System stabilisiert. Studien belegen, dass Nasenatmung im Vergleich zur Mundatmung die Atmung effizienter und gleichmäßiger macht, was zu einer längeren Ausdauer und einer besseren Leistung führt (Ruffino et al., 2021).
Die „Box-Atmung“ ist eine weitere Technik, die im Podcast besprochen wurde und die besonders nützlich ist, um die Atmung zu kontrollieren und die Konzentration zu steigern. Diese Technik beinhaltet eine rhythmische Atmung mit vier Sekunden Einatmung, vier Sekunden Anhalten, vier Sekunden Ausatmung und vier Sekunden Pause. Durch diese Technik können Athleten nicht nur ihre körperliche Leistungsfähigkeit verbessern, sondern auch ihre geistige Klarheit und ihre Fähigkeit, sich auf spezifische Ziele zu konzentrieren, steigern.
Bewegung und Atmung: Eine ganzheitliche Strategie
Zusätzlich zur Atmung betont Huberman die Bedeutung von Bewegung für die Regulierung des Nervensystems und die Verbesserung der Konzentration. Insbesondere Zone-2-Kardiotraining spielt eine entscheidende Rolle für die Herz-Kreislauf-Gesundheit und die langfristige Verbesserung der Ausdauer. Huberman empfiehlt mindestens 150 bis 200 Minuten Zone-2-Kardiotraining pro Woche, um die allgemeine Gesundheit zu fördern und die Leistung zu steigern.
Interessanterweise hat Zone-2-Training nicht nur Auswirkungen auf die körperliche, sondern auch auf die geistige Leistungsfähigkeit. Durch das Training in dieser Herzfrequenzzone wird das Nervensystem gestärkt und die Fähigkeit zur Stressbewältigung verbessert, was wiederum die Konzentration und Fokussierung erleichtert (Galpin, 2022).
Ernährung und Konzentration
Die Ernährung spielt eine ebenso entscheidende Rolle in der Fokussierung wie Atmung und Bewegung. In einer der Studien, die Huberman zitiert, wurde gezeigt, dass die Eliminierung von Zucker und einfachen Kohlenhydraten einen dramatischen Effekt auf die Konzentrationsfähigkeit haben kann. Kinder und Erwachsene, die unter ADHS leiden, zeigen oft eine Vorliebe für zuckerreiche Nahrungsmittel, da diese kurzfristig den Dopaminspiegel erhöhen. Doch dieser Effekt ist nur von kurzer Dauer, und die anschliessenden Dopaminabfälle führen zu erhöhter Ablenkbarkeit und Impulsivität.
Eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, kann ebenfalls eine positive Wirkung auf die Konzentrationsfähigkeit haben. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA, haben nachweislich eine schützende Wirkung auf das Gehirn und können die Dopaminregulation unterstützen. Studien zeigen, dass eine tägliche Aufnahme von mindestens 1000 mg EPA nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt, sondern auch die Konzentrationsfähigkeit verbessert (Spencer et al., 2015).
Wie Trainer und Athleten diese Techniken nutzen können
Für Trainer und Athleten bieten diese wissenschaftlichen Erkenntnisse wertvolle Ansätze, um die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu maximieren. Hier sind einige praktische Tipps, wie diese Techniken in den Trainingsalltag integriert werden können:
- Integrieren Sie Nasenatmung in Ihr Training: Achten Sie während intensiver Trainingseinheiten darauf, durch die Nase zu atmen, um die Sauerstoffversorgung des Körpers zu verbessern und die Leistungsfähigkeit zu steigern.
- Verwenden Sie das „Physiologische Seufzen“ in Stresssituationen: Diese Atemtechnik ist ideal, um den Körper nach intensiven Trainingseinheiten oder in stressigen Wettkampfsituationen zu beruhigen und die Konzentration zu fördern.
- Setzen Sie auf eine ausgewogene Ernährung: Vermeiden Sie zuckerreiche Nahrungsmittel, die kurzfristig den Dopaminspiegel erhöhen, aber langfristig zu Konzentrationsschwächen führen. Integrieren Sie Omega-3-Fettsäuren in Ihre Ernährung, um die kognitive Leistungsfähigkeit zu unterstützen.
- Kombinieren Sie Zone-2-Kardiotraining mit Atemtechniken: Achten Sie darauf, regelmäßig Zone-2-Kardioeinheiten durchzuführen, um die allgemeine Herz-Kreislauf-Gesundheit zu fördern und die Ausdauer zu verbessern. Kombinieren Sie diese Einheiten mit Atemtechniken wie der „Box-Atmung“, um Ihre Konzentrationsfähigkeit zu maximieren.
- Nutzen Sie Kaltwassertherapie zur Dopaminfreisetzung: Regelmässige Exposition gegenüber kaltem Wasser kann die Dopaminfreisetzung fördern und dadurch die Konzentration und mentale Klarheit verbessern.
Fazit: Atmung und neurologische Techniken für maximale Leistung
Die Wissenschaft zeigt deutlich, dass Atmung, Ernährung und Bewegung nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Leistungsfähigkeit massgeblich beeinflussen. Trainer und Athleten können diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Trainingsroutinen zu optimieren und die Regenerationsphasen zu verkürzen. Durch die gezielte Anwendung von Atemtechniken wie der Nasenatmung und dem „Physiologischen Seufzen“ sowie die Integration von Zone-2-Kardiotraining und einer ausgewogenen Ernährung können Athleten ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit auf ein neues Level heben.
Quellen:
- Huberman, A. „ADHD: How Anyone Can Improve Their Focus“. Huberman Lab Podcast, 2022.
- Blog: Foundational Fitness Protocol, www.hubermanlab.com/newsletter/foundational-fitness-protocol
- Bernardi, L., Porta, C., & Sleight, P. (2001). Slow Breathing Improves Arterial Baroreflex Sensitivity and Reduces Blood Pressure in Essential Hypertension. Circulation.