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Okt 10, 2024

Smartphone-Nutzung für Athleten: Der mentale Einfluss übermässiger Nutzung während der Erholung, vor dem Training oder vor Wettkämpfen

Die Rolle von Smartphones und sozialen Medien im Alltag hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert, insbesondere im Leben von Sportlern. Für viele sind Smartphones ein unverzichtbares Werkzeug, das Kommunikation, die Selbstvermarktung, der Unterhaltung und sogar Trainingshilfen bietet. Doch es gibt eine Kehrseite: die übermässige Nutzung dieser Geräte, besonders in Zeiten, die der Erholung oder mentalen Vorbereitung dienen sollten, kann die Leistungsfähigkeit und den mentalen Zustand von Athleten negativ beeinflussen. Smartphone-Nutzung für Athleten ist komplex.

Smartphone-Nutzung für Athleten

In diesem Artikel betrachte ich, wie die Smartphone-Nutzung das Gehirn beeinflusst, welche Auswirkungen dies auf Konzentration und Fokus hat und wie Athleten durch bewusste Massnahmen ihre Nutzung kontrollieren können, um ihre Leistungsfähigkeit zu maximieren.

1. Psychologische Grundlagen: Wie Smartphone-Nutzung das Gehirn beeinflusst

Smartphones haben das menschliche Verhalten stark verändert, insbesondere durch den Zugang zu sozialen Medien und ständiger digitaler Vernetzung. Wissenschaftler wie Dr. Jonathan Haidt, ein führender Sozialpsychologe, haben umfassend untersucht, wie sich die Nutzung von Smartphones und sozialen Medien auf das Gehirn auswirkt. Der ständige Reiz, der durch Push-Benachrichtigungen und den Zugriff auf soziale Netzwerke ausgelöst wird, stimuliert das Belohnungssystem im Gehirn. Jedes „Like“ oder jede Nachricht setzt Dopamin frei, ein Neurotransmitter, der Glücksgefühle und Zufriedenheit auslöst.

 

„Dopamin ist mehr als nur ein Belohnungsstoff, es ist der zentrale Motivator für das Streben nach etwas, nach dem wir uns sehnen. Wenn Dopamin jedoch schnell und ohne grosse Anstrengung freigesetzt wird, wie etwa durch Smartphones oder soziale Medien, verstärken sich die Verhaltensmuster, und der Drang nach mehr dieser schnellen Belohnungen wird grösser.“​ Dr. Huberman Podcast

Das Problem entsteht jedoch, wenn das Gehirn kontinuierlich nach diesen schnellen Belohnungen strebt. Games, Likes und viele Apps machen sich dies zu nutzen um Besucher anzulocken, zu halten und dann von Werbung oder der bezahlten Nutzung zu profitieren. Übermässige Smartphone-Nutzung führt dazu, dass das Gehirn ständig im „Belohnungsmodus“ bleibt, was dazu führt, dass Konzentration und tiefer Fokus beeinträchtigt werden. Studien zeigen, dass Menschen, die oft zwischen verschiedenen digitalen Aufgaben wechseln, wie etwa dem Beantworten von Nachrichten oder dem Durchscrollen von sozialen Medien, eine geringere kognitive Leistung erbringen und weniger in der Lage sind, sich auf längere, tiefgehende Aufgaben zu konzentrieren.

a close up of a person holding a cell phoneFür Athleten ist dies besonders problematisch. Mentale Klarheit und Fokussierung sind entscheidend für die Vorbereitung auf Wettkämpfe und das Erreichen von Höchstleistungen. Wenn das Gehirn ständig durch digitale Reize abgelenkt wird, fällt es schwerer, diese Fähigkeiten zu entwickeln und aufrechtzuerhalten. Dem einen fehlen dann zehntel dem anderen Zentimeter zum Erfolg. Unterbewusst opfern Athleten den Erfolg im Sport Ihrem Smartphone und einer schnellen Belohnung in einem Game.

2. Smartphone-Nutzung in der Erholungsphase: Risiken und Nebenwirkungen

Erholung ist für Sportler genauso wichtig wie das Training selbst. Während der Erholungsphasen regeneriert sich der Körper, Muskeln werden repariert und das zentrale Nervensystem wird wiederhergestellt. Doch auch der Geist braucht Erholung – und hier können Smartphones eine negative Rolle spielen. Die exzessive Nutzung von Smartphones während der Erholungsphasen kann den natürlichen Erholungsprozess stören, indem sie den Schlafrhythmus beeinträchtigt und das Nervensystem in einem ständig „erregten“ Zustand hält. Dabei können schon einige Minuten am Tag und insbesondere vor dem Schlafen gehen oder vor Trainings einen massiven Einfluss haben.

Eine Vielzahl von Studien belegt, dass der übermässige Konsum digitaler Medien, insbesondere kurz vor dem Schlafengehen, die Schlafqualität erheblich beeinträchtigt. Der Blaulichtanteil von Bildschirmen stört die Produktion von Melatonin, einem Hormon, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich ist. Für Athleten, die auf erholsamen Schlaf angewiesen sind, um sich optimal zu regenerieren, kann dies katastrophale Folgen haben.

Darüber hinaus kann das ständige Konsumieren von Nachrichten, sozialen Medien oder Videos das Nervensystem überlasten. Das Gehirn bleibt in einem aktiven Zustand, der es schwer macht, in die nötigen Tiefenentspannungsphasen zu gelangen, die für die Erholung unerlässlich sind. Viele Athleten berichten, dass sie nach der Nutzung von Smartphones Schwierigkeiten haben, „abzuschalten“ und zur Ruhe zu kommen, was wiederum ihre allgemeine Erholungsfähigkeit beeinträchtigt.

3. Vor dem Training oder Wettkampf: Warum Smartphones den Fokus stören

Besonders kritisch ist die Smartphone-Nutzung vor Trainingseinheiten oder Wettkämpfen. In diesen Phasen benötigen Athleten mentale Stärke, Konzentration und Fokus, um ihre Höchstleistungen abzurufen. Smartphones und soziale Medien können diese mentale Vorbereitung jedoch erheblich beeinträchtigen.

Einer der Hauptgründe ist der erhöhte Stresspegel, der durch ständige soziale Interaktion entstehen kann. Soziale Medien sind bekannt dafür, dass sie Gefühle von Stress und Angst verstärken, insbesondere durch den ständigen Vergleich mit anderen. Athleten, die vor einem Wettkampf soziale Netzwerke durchforsten, setzen sich oft unbewusst einem Vergleichsdruck aus, der ihre Selbstwahrnehmung negativ beeinflussen kann. Studien haben gezeigt, dass besonders Plattformen wie Instagram, TikTok und Facebook das Selbstbewusstsein untergraben können, da die Nutzer ständig dem „perfekten“ Leben und den Erfolgen anderer gegenüberstehen.

Ein weiteres Problem ist die Zerstreuung der Aufmerksamkeit. Wenn Athleten sich kurz vor dem Training oder Wettkampf zu sehr mit ihrem Smartphone beschäftigen, fällt es ihnen schwer, sich auf die anstehenden Herausforderungen zu fokussieren. Das Gehirn ist bereits mit Informationen überladen, was die Fähigkeit zur mentalen Vorbereitung und Visualisierung von Bewegungsabläufen und Strategien beeinträchtigt.

Der wachsende „Digital Detox“-Trend unter Sportlern zeigt, dass viele Athleten und Trainer zunehmend die Risiken erkennen und empfehlen, vor wichtigen Wettkämpfen bewusst auf Smartphones und soziale Medien zu verzichten. So können Athleten ihren Fokus auf das Wesentliche richten und ihre mentale Stärke aufbauen.

Wer performen will, wer Siegen will – verzichtet auf das Smartphone.

4. Konzentration und Fokus: Der mentale Druck durch soziale Medien

Soziale Medien können auch auf subtile Weise den mentalen Druck auf Athleten erhöhen. Ein besonders kritischer Aspekt ist der ständige soziale Vergleich. Sportler vergleichen sich oft mit anderen Athleten, die ihre Trainingserfolge, Siege und ihre scheinbar perfekten Lebensstile auf Plattformen wie Instagram und TikTok teilen. Dies kann zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit führen, was den Selbstwert und die mentale Belastbarkeit verringern kann.

Ein weiteres häufiges Phänomen ist „Fear of Missing Out“ (FOMO), also die Angst, etwas zu verpassen. Diese ständige Angst, nicht up-to-date zu sein oder wichtige Informationen zu verpassen, führt dazu, dass Athleten häufig und unbewusst ihr Smartphone überprüfen. Diese ständige Ablenkung untergräbt jedoch die Fähigkeit, sich in den entscheidenden Momenten auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

„Heutzutage denke ich weniger an Sucht, sondern mehr an eine Art zwanghaftes Verhalten. Das Interessante an Zwangsstörungen ist, dass die Handlungen nicht dazu dienen, die Obsessionen zu lindern, sondern sie verstärken. In vielerlei Hinsicht ist die Nutzung von Smartphones und sozialen Medien eine Art zwanghafte Schleife.“​ Dr. Huberman Podcast

Langfristig kann der ständige digitale Input zu Erschöpfung führen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass unser Gehirn durch die ständige Flut an Informationen überfordert wird, was letztlich zu einer reduzierten kognitiven Leistungsfähigkeit führt. Diese Überforderung ist besonders für Athleten problematisch, da ihre sportliche Leistung stark von ihrer mentalen Verfassung abhängt.

5. Praktische Lösungen und Strategien: Wie Athleten ihre Smartphone-Nutzung kontrollieren können

Übermässige Smartphone-Nutzung kann sich negativ auf die mentale Gesundheit und Leistung von Athleten auswirken, insbesondere wenn sie während der Erholungs- oder Vorbereitungsphasen stattfindet. Der Schlüssel zur Kontrolle liegt in einer bewussten und geplanten Reduktion der Bildschirmzeit. Hier sind konkrete Schritte, um die Gewohnheiten nachhaltig zu ändern:

  1. Bildschirmzeit-Tracking: Der erste Schritt zur Reduktion besteht darin, ein Bewusstsein für die tatsächliche Nutzung zu schaffen. Apps wie „Screen Time“ (iOS) oder „Digital Wellbeing“ (Android) können helfen, die tägliche Smartphone-Nutzung zu verfolgen. Diese Apps bieten auch detaillierte Analysen, wie viel Zeit in bestimmten Apps verbracht wird. Sportler können sich tägliche Zeitlimits setzen und Benachrichtigungen aktivieren, wenn diese erreicht werden.
  2. Gezielte Nutzung festlegen: Anstatt das Smartphone ohne klare Absicht zu verwenden, sollten Athleten gezielte Zeiten für die Nutzung festlegen. Zum Beispiel können sie 15 Minuten am Morgen und 30 Minuten am Nachmittag für soziale Medien einplanen und den Rest des Tages auf andere Aktivitäten wie Erholung, Fokussierungs-, Atemübungen oder Lesen verwenden. Vielleicht sogar Hausaufgaben machen…
  3. Digital Detox-Rituale schaffen: Ein bewusster «Digital Detox» sollte Teil der Routine werden, insbesondere vor Wettkämpfen oder intensiven Trainingsphasen. Eine wirksame Strategie ist es, 30-60 Minuten vor dem Schlafengehen und in den ersten 60 Minuten nach dem Aufwachen das Smartphone beiseitezulegen. Diese Rituale fördern einen erholsamen Schlaf und reduzieren die „Überreizung“ durch ständige Benachrichtigungen.
  4. Push-Benachrichtigungen deaktivieren: Ständige Benachrichtigungen unterbrechen den Fokus und fördern die Ablenkung. Durch das Deaktivieren von Push-Benachrichtigungen für Apps wie E-Mails, Nachrichten und soziale Netzwerke können Athleten selbst entscheiden, wann sie sich mit diesen Inhalten beschäftigen möchten, anstatt von ihnen unterbrochen zu werden.
  5. Social Media Fasten: Ein temporärer, vollständiger Verzicht auf soziale Medien für einen oder mehrere Tage kann den Einstieg in einen bewussteren Umgang erleichtern. In dieser Zeit können Athleten Alternativen wie Lesen, Meditation oder Naturspaziergänge ausprobieren, um den Fokus auf sich selbst und ihre Erholung zu legen.
  6. Accountability Partner: Es kann hilfreich sein, einen „Accountability-Partner“ zu haben – einen Freund, Trainer oder Kollegen, der den Fortschritt überwacht und Motivation bietet, wenn die Versuchung, zum Smartphone zu greifen, gross ist.
  7. Pomodoro Methode: Orientiert an dem Pomodoro Wecker für das Kochen von Pasta, können Zeiten bewusst eingeteilt werden. 20 Minuten Hausaufgaben, 5 Minuten Pause mit trinken, essen rumgehen, 20 Minuten Arbeiten, 5 Min Pause usw. dabei kann dann auch bewusst 20 Min. dem Smartphone gegönnt werden – aber dann wieder zurück ins Training, Arbeit usw.

Durch diese Techniken wird nicht nur die Nutzung eingeschränkt, sondern auch die mentale Klarheit und Fokussierung verbessert, was langfristig zu einer besseren sportlichen Leistung führt.

Schlussfolgerung: Der schmale Grat zwischen Nutzen und Risiko

Smartphones sind aus dem Alltag vieler Athleten nicht mehr wegzudenken. Sie bieten zahlreiche Vorteile, von der Vernetzung mit der Welt bis hin zu praktischen Trainings-Apps. Doch der übermässige Gebrauch kann die mentale Gesundheit und Leistungsfähigkeit ernsthaft beeinträchtigen. Um diese Risiken zu minimieren, sollten Athleten bewusst mit ihrer Bildschirmzeit umgehen und Strategien wie Digital Detox und gezielte Nutzung in ihren Alltag integrieren. Letztendlich liegt die Kraft in der Balance – indem Athleten ihre Smartphone-Nutzung steuern, können sie ihre mentale Stärke und Leistungsfähigkeit optimieren. Athleten haben es sprichwörtlich in der Hand zu entscheiden ob Sie Erfolg wollen und das Smartphone bei Seite legen oder nicht…

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