RED-S bei Sportlern: Ursachen, Folgen & Tipps für Coaches, um Warnsignale zu erkennen und Athleten gesund zu unterstützen.
Mrz 15, 2025

RED-S: Das unterschätzte Risiko für Sportler – Ursachen, Auswirkungen und der richtige Umgang für Coaches

Sportler im Leistungs- aber auch im Breitensport streben oft nach Spitzenleistungen, optimaler Fitness und einem idealen Körperbau. Doch was passiert, wenn der Körper nicht genügend Energie erhält, um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden? Ein Phänomen, das in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt ist, ist RED-S (Relative Energy Deficiency in Sport) – eine ernährungsbedingte Energiedefizit-Störung, die ernsthafte Folgen für Gesundheit und Leistungsfähigkeit haben kann. Anlässlich des Regional Kaders von SwissCurling haben wir dieses Thema mit den Expertinen von Peak Performance diskutiert, daher fasse ich es hier nochmals zusammen.

RED-S ist nicht nur eine physische, sondern auch eine psychologische Herausforderung für Athleten. Besonders betroffen sind Ausdauersportler, ästhetische Sportarten wie Turnen oder Ballett sowie Sportarten mit Gewichtsklassen wie Ringen oder Kampfsport. Doch was genau ist RED-S, welche Konsequenzen hat es und wie können Coaches frühzeitig erkennen, wenn ihre Athleten betroffen sind?

 

Was ist RED-S?

RED-S steht für «Relative Energy Deficiency in Sport», eine Störung, die durch eine chronisch zu niedrige Energieaufnahme im Verhältnis zum Energieverbrauch entsteht. Ursprünglich wurde das Konzept als «Female Athlete Triad» beschrieben, ein Syndrom, das drei Hauptmerkmale umfasste:

  1. Energiedefizit mit oder ohne Essstörung
  2. Menstruationsstörungen (bei Frauen)
  3. Verminderte Knochendichte (Osteoporose oder Osteopenie)

Später erkannte man, dass nicht nur Frauen betroffen sind, sondern auch Männer und dass die Folgen weit über diese drei Aspekte hinausgehen. 2014 wurde das Konzept von der Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zu RED-S erweitert, um ein breiteres Spektrum an körperlichen und psychischen Auswirkungen zu erfassen. Hier eine Darstellung wo REDs auf den Körper eines Athleten einfluss haben kann und in welchen Bereichen ein Energie Defizit sich auswirken kann.

Relative energy deficiency in sport (REDs): the role of the physiotherapist | British Journal of Sports Medicine
Wo REDs einen Einfluss haben kann auf den Menschen und Athleten.

Die Auswirkungen von RED-S auf Athleten

Ein andauerndes Energiedefizit kann eine Vielzahl von negativen Effekten auf die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden eines Athleten haben. Diese lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:

1. Physiologische Auswirkungen

  • Hormonelle Störungen: Bei Frauen kann es zum Ausbleiben der Periode kommen (Amenorrhoe), bei Männern sinken Testosteronwerte, was Muskelaufbau und Regeneration negativ beeinflusst.
  • Verminderte Knochendichte: Ein anhaltendes Energiedefizit führt zu einer verringerten Kalziumaufnahme und einer Störung des Knochenstoffwechsels, wodurch das Risiko für Stressfrakturen und Osteoporose steigt.
  • Beeinträchtigte Immunfunktion: Häufige Infekte und längere Heilungszeiten sind ein Zeichen für ein geschwächtes Immunsystem durch Nährstoffmangel.
  • Herz-Kreislauf-Probleme: Ein niedriger Energiehaushalt kann die Herzfrequenz und den Blutdruck beeinflussen, was zu Herzrhythmusstörungen oder Kreislaufproblemen führen kann.
  • Verdauungsprobleme: Magen-Darm-Beschwerden, Verstopfung oder eine verlangsamte Verdauung treten häufig auf.

2. Psychologische Auswirkungen

  • Erhöhte Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen: Ein andauerndes Energiedefizit kann zu depressiven Verstimmungen, Angstzuständen oder erhöhter Reizbarkeit führen.
  • Zwanghaftes Essverhalten: Viele betroffene Athleten entwickeln eine ungesunde Beziehung zu Essen, oft begleitet von Schuldgefühlen oder Angst vor Gewichtszunahme.
  • Mentale Erschöpfung: Konzentrationsschwierigkeiten und reduzierte Motivation können die Trainingsqualität beeinträchtigen.

3. Auswirkungen auf die sportliche Leistung

  • Verminderte Ausdauer und Kraft: Ohne ausreichende Energie kann der Körper keine Spitzenleistungen erbringen.
  • Längere Erholungszeit: Muskelregeneration und Anpassungen an das Training dauern länger.
  • Erhöhtes Verletzungsrisiko: Aufgrund von Muskelabbau, schwächeren Knochen und verlangsamter Regeneration steigt das Risiko für Verletzungen wie Muskelzerrungen oder Ermüdungsbrüche.

Wie erkennen Coaches RED-S bei ihren Athleten?

Für Trainer ist es essenziell, frühzeitig Warnsignale zu erkennen. Oft sind betroffene Athleten sich des Problems nicht bewusst oder leugnen es aus Angst, nicht mehr leistungsfähig zu sein. Hier sind einige Anzeichen, auf die Coaches achten sollten:

Physische Anzeichen:

✔️ Unerklärlicher Gewichtsverlust
✔️ Häufige Verletzungen oder Stressfrakturen
✔️ Ständige Erschöpfung und Müdigkeit
✔️ Ausbleibende oder unregelmässige Periode bei Frauen
✔️ Kalte Hände und Füsse (durch verlangsamten Stoffwechsel)
✔️ Haarausfall oder brüchige Nägel

Verhaltensbedingte Anzeichen:

✔️ Übermässige Fixierung auf Ernährung oder Kalorien
✔️ Vermeidung von bestimmten Lebensmitteln (z. B. Fett oder Kohlenhydrate)
✔️ Zwanghafte Sporteinheiten ausserhalb des regulären Trainings
✔️ Rückzug aus sozialen Aktivitäten
✔️ Angst vor Gewichtszunahme oder übermässige Selbstkritik

Leistungsbezogene Anzeichen:

✔️ Rückgang der sportlichen Leistung ohne erkennbaren Grund
✔️ Verlängerte Erholungsphasen nach dem Training
✔️ Konzentrationsprobleme während des Wettkampfs oder Trainings
✔️ Erhöhte Verletzungsanfälligkeit

Wie geht man als Coach mit RED-S um?

Als Trainer trägt man eine grosse Verantwortung für das Wohl seiner Athleten. Doch wie kann man RED-S ansprechen und unterstützen, ohne zusätzlichen Druck auszuüben?

1. Sensibilisierung und offener Dialog

  • Coaches sollten über RED-S Bescheid wissen und regelmässig mit Sportlern über Ernährung, Regeneration und mentale Gesundheit sprechen.
  • Es ist wichtig, eine Umgebung zu schaffen, in der Athleten offen über ihre Herausforderungen sprechen können.

2. Medizinische Unterstützung einholen

  • Wenn ein Verdacht auf RED-S besteht, sollte ein Sportmediziner oder Ernährungsberater hinzugezogen werden.
  • Eine Blutuntersuchung oder Knochendichtemessung kann helfen, Defizite aufzudecken.

3. Individuelle Ernährungs- und Trainingsanpassung

  • Gemeinsam mit Ernährungsexperten sollte ein Ernährungsplan erstellt werden, der sicherstellt, dass der Energiebedarf gedeckt wird.
  • Gegebenenfalls sollte das Training angepasst und die Intensität reduziert werden, bis sich der Körper erholt hat.

4. Mentale Unterstützung bieten

  • In vielen Fällen kann eine psychologische Betreuung hilfreich sein, insbesondere wenn sich ein gestörtes Essverhalten entwickelt hat.
  • Ein positiver Umgang mit dem eigenen Körperbild sollte gefördert werden.

5. Prävention in den Trainingsalltag integrieren

  • Coaches sollten regelmässige Gesundheitschecks und Gespräche zur Leistungsfähigkeit in ihr Training integrieren.
  • Athleten sollten lernen, Hunger- und Erschöpfungssignale ernst zu nehmen und Ernährung nicht als Feind zu betrachten.

Fazit: Ein gesundes Gleichgewicht ist der Schlüssel

RED-S ist ein ernstzunehmendes Problem, das weitreichende Folgen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Athleten haben kann. Ein zu grosses Energiedefizit schränkt nicht nur die sportliche Leistung ein, sondern birgt auch langfristige Risiken für die körperliche und psychische Gesundheit. Man kann sich nicht dagegen Impfen oder es gibt nicht ein Pülverchen dagegen.

Trainer spielen eine entscheidende Rolle bei der Prävention und frühzeitigen Erkennung von RED-S. Durch Sensibilisierung, offene Kommunikation und eine enge Zusammenarbeit mit Medizinern und Ernährungswissenschaftlern kann das Risiko minimiert werden.

Letztendlich sollte das Ziel sein, eine gesunde Balance zwischen Leistung und Wohlbefinden zu finden – denn nur ein gut versorgter Körper kann sein volles Potenzial entfalten.

You Might Also Like

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *